Cappuccinorunde-Skidurchquerung in den Ortleralpen
13. bis 17. März 2024
Zunächst waren die Anzeichen für unsere Tour alles andere als gut. Die Ortler Alpen und das Martelltal hatten in den letzten Tagen eine ordentliche Portion Neuschnee bekommen weshalb 2 Tage vor dem Start unseres Unternehmens Lawinenlage 4 herrschte. Außerdem war das Hinter-Martelltal einen Tag lang nicht erreichbar, weil eine gewaltige Lawine den Eingang einer Straßen-Galerie verschüttet hatte. Auch das Wetter sollte nur die ersten 2 Tage richtig gut sein und sich dann zunehmend verschlechtern. Alles in Allem nicht gerade gute Voraussetzungen für eine Skidurchquerung, bei der jeden Tag ein bestimmtes Ziel erreicht werden muss. Wir entschlossen uns aber dennoch, die Tour anzugehen, mit der Meinung „ebbas weard scho gange“, was sich später als absolut richtig rausstellen sollte.
Am Mittwoch, 13.03.24 ging es mit zwei PKW`s los in Richtung hinteres Martelltal. Auf der Fahrt dorthin schneite es ab Landeck bis über den Reschenpass und wir dachten schon an einen deutliche späteren Schlechtwetter-Abzug als vorhergesagt. Bei der Zufahrt zum geplanten Parkplatz wuchs der Schnee immer mehr und mehr an und wir staunten nicht schlecht als an diesem angekommen, wir ca. 1,80m von der weißen Pracht vorfanden.
Zunächst machten wir noch einen Ausrüstungs-Check und führten den großen LVS-Test durch, bevor es los gehen sollte. Durch lichte, tief verschneite Lärchenwälder ging es zunächst in Richtung Zufall-Hütte. Diese passierten wir und folgten weiter den Spuren ins Martell-Tal. Die Sicht wurde immer besser und schon bald konnten wir die Umrisse der Zufallspitze sehen. Es hatte eine Menge Schnee, was unser Tourengeher-Herz höherschlagen lies und ein Stück weit lies die Anspannung nach, dass es sich schon jetzt abzeichnete, dass die Lawinensituation sich schon recht gut entspannt hatte.
An der Marteller-Hütte angekommen wurden wir sehr herzlich vom Hüttenwirt empfangen und uns wurde ein eigens für uns reserviertes Zimmer zugeteilt. Nachdem wir unsere Rucksäcke erleichtert hatten, ging es schon wieder weiter auf unsere geplante Akklimatisations-Tour, die Cima Marmotta 3327m. Zunächst ging es über sanfte Moränenhügel im Wechsel von flacheren und steileren Passagen in einem sehr schönen Eingeh-Tempo. Dabei inspizierten wir das Gelände in Richtung Cevedale, über den wir am nächsten Tag die Branca-Hütte erreichen wollten. Am Gletscher Hochplateau angekommen frischte der Wind zunehmend auf und wir konnten schon große Windfahnen an den umliegenden Gipfeln sehen. Nachdem wir den sehr flachen Gletscher überwunden hatten, ging es ziemlich rassig hinauf zum Gipfel. Dort konnten wir nicht wirklich verweilen, da es mittlerweile stark stürmte und ein jeder von uns darauf zu achten hatte, dass Ihm nix an Kleidung oder Ausrüstung weggeblasen wurde. Dafür wurden wir mit einer schönen Abfahrt in leicht windgepresstem Pulver belohnt. Zur Hütte hatten wir nochmals einen kleinen Anstieg von ca. 50 Höhenmetern, weshalb wir nochmals die Felle anlegten.
Nach dem Beziehen unserer Zimmer und einer warmen Dusche setzten wir uns in die gemütliche Gaststube, studierten die Karte für den nächsten Tag und warteten auf das Abendessen. Der eigentliche Plan wäre gewesen, am nächsten Tag über den Cevedale direkt auf den Palon de la mare und von dort auf die Branca-Hütte abzufahren. Dies verwarfen wir schon sehr bald, da wir auf dieser Route lange im kammnahen Bereich und somit in vermutlich triebschneegefüllte Bereiche gekommen wären. Des Weiteren wären die steilsten Bereiche auf der Abfahrt zur Branca-Hütte zu meistern und eine Umkehr nicht mehr machbar gewesen.
Nach einem sehr guten und reichhaltigen Abendessen verbrachten wir dort die Nacht und stiegen am nächsten Tag in Richtung Cevedale über den Zufallferner. Auf dem Weg dorthin kamen wir an den Tre Cannoni vorbei, Relikte aus dem 1. Weltkrieg. Nach ein paar Fotos sitzend auf den Kanonenrohren, ging es weiter in Richtung Schluss Anstieg auf den Cevedale. Hier trafen wir auf andere Gruppen, die von der Pizzini Hütte heraufgestiegen waren. Am Gipfel bot sich ein großartiges Panorama mit Blick auf das umliegende Alpine Meer. Adamello, Presanella, Brenta, Dolomiten, im Westen die Bernina, im Osten der Venediger um ein paar Wenige aufzuzählen. Nach einer kurzen Pause, bevor der Große Ansturm an Skibergsteigern kommen sollte, fuhren wir in bestem, völlig unverspurtem Pulver über den teilweise zerklüfteten Cedec Gletscher und das gleichnamige Tal zur Branca-Hütte ab. Dort wurden wir von der fröhlichen Hüttenwirtin empfangen und bekamen unser Zimmer zugewiesen. Auch hier gab es wieder die Möglichkeit zu duschen und wir platzierten uns zum Sonnenbad auf der gemütlichen Terrasse. Hier konnten wir das Panorama auf den kompletten Forni-Kessel genießen und die unzähligen machbaren Ski-Gipfel einsehen.
Am nächsten Tag starteten wir als erste Gruppe und bestiegen die Punta San Matteo 3678m und einige sogar noch den Pizzo Tresero 35945m. Es herrschten die nur denkbar besten Verhältnisse am gesamten Tag. Sonne, Pulverschnee und kein Wind. Im Anschluss wurde die Sonne auf der Terrasse und später das wunderbare Essen auf der der Branca-Hütte genossen.
Am darauffolgenden Tag waren es abermals wir, die die Hütte als erste verlassen hatten, um über das Val Rosole den Monte Pasquale 3553m zu besteigen und anschließend, über den Cedec-Gletscher zur Pizzini-Hütte abzufahren. An diesem Tag war leider genau zu dem Zeitpunkt, an dem wir am Gipfel waren, dieser im Nebel. Aber bereits in der Abfahrt, bei der wir ein Stück über einen schmalen Grat absteigen mussten, kam schon wieder die Sonnenstrahlen durch und der aufgewirbelte Schnee glitzerte darin. Auf der Pizzini-Hütte wurden wir sehr freundlich vom Wirt empfangen. Da es gerade erst einmal Mittag war, entschieden wir uns für eine weiter kleine Tour, die uns der Wirt empfohlen hatte. Mit ein Grund für die Tour war, dass es auf dem nördl. und süd. Zebru-Pass Handyempfang geben sollte, um den Wetterbericht und die Vorhersage des Lawinenlageberichtes abfragen zu können. Ein Glücksgriff war es, dass wir dort oben auf einen Bergführer aus Ramsau trafen, mit dem wir ins Gespräch kamen. Er fragte uns, wo wir waren, und wir erzählten Ihm von den letzten Tagen und davon, dass wir ja eigentlich am nächsten Tag auf die Königspitze wollten, aber laut dem Wetterbericht vom Vortag dies wohl nicht möglich sein wird. Außerdem wüssten wir auch gar nicht, ob sich die Tage schon Bergsteiger hoch getraut hätten, nach dem vielen Neuschnee. Der Bergführer berichtete uns, dass er mit einer Kundin heute auf der Königspitze war, zusammen mit 8 Franzosen, 4 Schweizern und 2 Italienern und dass zurzeit optimale Verhältnisse vorherrschten. Des Weiteren meinte er, dass das Wetter für die Unternehmung halten wird und bot uns an, uns am Abend auf der Hütte noch ein paar Details zu erklären. Die Tour an diesem Tag führte uns noch ein Stück ins Zebru-Tal mit erneuter unverspurter Pulver-Abfahrt im Sonnenschein. Nach dem Abendessen hatten wir dann noch kurz die Audienz beim Bergführer und wir bereiteten uns für die Nacht und den kommenden Tag vor. Dabei musste ich mir noch etwas für meinen Schuh einfallen lassen, bei dem mir der komplette Schließmechanismus abgebrochen war.
Am nächsten Morgen, nach einem reichhaltigen Frühstück, starteten wir als erste Gruppe von der Hütte. Dies war uns sehr wichtig, da wir mit einem Ansturm auf die Königspitze rechneten und wir uns einen Vorteil als Erste erhofften. Das Wetter war wieder wolkenlos, kein Wind und angenehme Minustemperaturen. Um es kurz zu halten, es lief wie am Schnürchen. Angekommen auf einer Höhe von 3370m, es lag die bekannte steile Rinne unter dem großen Schneefeld vor uns, packten wir die Ski an den Rucksack und stiegen zu Fuß ohne Steigeisen in gutem Trittschnee durch die Rinne. Danach konnten wir bis ca. 50 HM unter dem Gipfelkreuz mit Ski aufsteigen und erneut mit den Ski am Rucksack, ohne Steigeisen bis zum Kreuz aufsteigen. Wir hatten es also geschafft. Der Traum eines jeden Skibergsteigers, einmal hier oben zu stehen. Der Himmel war heiter bis wolkenlos, kein Wind und wir hatten den Gipfel für uns allein. Nachkommend, handelte es sich um 3 weitere Aspiranten, unter Ihnen der bekannte Alpin-Journalist, Michael Pröttel der uns bei der direkten Abfahrt vom Gipfelkreuz fotografierte. Als nächstes Highlight stand uns die noch unverspurte Ostrinne ins Suldener Skigebiert bevor. Auch hier, 40 bis 45 Grad steil, wie die Abfahrt des Gipfels und teilweise etwas unübersichtlich. „Ausgespuckt“ von der Rinne gab es nochmals beste Möglichkeiten in einem großen Kar seine eigenen Spuren in bestem Schnee zu ziehen. Nach einem kurzen Aufstieg über die Skipiste erreichten wir die Mittelstation Schaubachhütte wo wir uns ein Ticket für eine Bergfahrt besorgten, um über das Madritschjoch wieder ins Martell-Tal, zurück zu den Autos zu kommen. Nach der Auffahrt mit dem Sessellift kamen wir noch in den Genuss von Firn bei der finalen Abfahrt zum ursprünglichen Ausgangspunkt unserer Tour.
Abschließend ist zu sagen, dass es sich bei dieser Unternehmung um eine gewaltige Tour in den Ortler-Alpen, bei besten Verhältnissen und perfektem Wetter handelte. Wir benötigten nicht einmal ein Seil oder die Steigeisen. Lediglich der Pickel wurde wenige Male benutzt. Auf den Hütten wurde man bestens versorg, es war in den Stuben warm und auch die Trockenräume waren gut geheizt. Die Gruppe war absolut stark was die Kondition und die Skitechnik angeht. Wir hatten sehr viel Spaß und die Gruppe harmonierte in jeglicher Hinsicht.
Vielen Dank fürs Mitgehen.
Gesamt-Aufstieg: 9079 hm
Gesamt-Strecke: 94,7 KM