Watzmannüberschreitung der Ortsgruppe Steingaden am Samstag, 24. Juli 2021

Auch wenn die Überschreitung des Watzmannstockes berechtigterweise als Modetour betrachtet werden kann, zählt sie immer noch zu den ganz großen und lohnenswerten Unternehmungen in den nördlichen Kalkalpen. Auf mehrfachen Wunsch hin kam die Tour also heuer endlich amal als Führungstour der Ortsgruppe Steingaden zustande. Eine beträchtliche Anzahl von Interessenten hat sich für die Tour angemeldet und so starten wir zu siebt, wenn auch bei nicht 100%ig stabilem Wetter am Morgen des 24. Juli um halb 3 Uhr am Feuerwehrhaus in Steingaden. Um den Touristenmassen vom Watzmannhaus auszuweichen, gehen wir die Unternehmung als Tagestour an, auch wenn dies einiges an Kondition und Durchhaltevermögen fordert, wir haben immerhin eine Höhendifferenz von 2100 Hm bei einer reinen Gehzeit von 12h vor uns. Nachdem wir unser erstes Hindernis, einen mehrere Kilometer langen Stau auf der Salzburger Autobahn (morgens um 4(!), tja Ferienbeginn halt…) überwunden haben, geht’s um 6 Uhr am Parkplatz bei der Wimbachbrücke (660m) los. Wir steigen in zügigem Tempo in 2,5h durch Bergwald und Almweiden im Nationalpark Berchtesgaden zum Watzmannhaus (1915m) auf, wo bereits reges Treiben herrscht. Nach kurzer Pause geht’s gleich weiter am breiten Rücken hinauf, vorbei an so manchen geologischen Besonderheiten wie den „Kuhtritten“ zum Hocheck (2651m), dem ersten Gipfel, der im Zuge der Watzmannüberschreitung erreicht wird. Ab hier wird’s endlich deutlich ruhiger, jetzt beginnt der interessante Teil des Tages.

Nachdem uns die ersten Handynachrichten über Gewitter und Sturm aus Steingaden (morgens um halb 10!, des san die Nachrichten, die man an so nem Tag gleich gar net brauchen kann) erreicht haben, gilt der weiteren Wetterentwicklung ein besonderes Augenmerk. Die aus Westen kommende Störung erreicht jedoch die Berchtesgadener Alpen nicht mehr und wir erleben einen wettertechnisch wunderbaren, ruhigen Tag, fast bis zum Schluss, aber dazu später. Die Gratbegehung vom Hocheck über die Mittelspitze (2713m) zur Südspitze (2712m) bietet fantastische Einblicke in die Watzmannostwand und hinab zum 2000m tiefer gelegenen Königssee, aber auch in die Ferne bis zum Großglockner und Großvenediger im SO und den Zillertalern und Ötztalern im SW. Der teilweise recht ausgesetzte, aber an den kritischen Stellen versicherte Grat wurde von allen Teilnehmern bravourös genommen, so dass wir in zügigem Tempo mittags die Südspitze erreichen. Auch wenn von hier noch ein Abstieg von 1200Hm bis ins flachere Wimbachgries folgt, ist das Wetterrisiko ab hier doch besser kalkulierbar, so dass wir uns eine längere Pause von 1h zum Schauen und Staunen gönnen, bevors dann ans Eingemachte geht, nämlich der Abstieg ins Wimbachgries, dem schuttgefüllten, 2 x 11km messenden Hochtal auf der W-Seite des Watzmannstockes. Der Abstieg erfordert äußerste Konzentration, da das Gelände fast bis zum Talboden jäh abbricht. Wir und unsere Kniescheiben sind jedoch alle gesund und munter unten angekommen, und jetzt beginnt der „gemütliche“ Teil des Tages, der 10km-Hatsch hinaus zur Wimbachbrücke. Dieses alpinistische Schmankerl haben wir uns noch mit einer verdienten Einkehr in der Wimbachgrieshütte versüsst, bevor es dann auf die Zielgerade Richtung Ausgangspunkt geht. Oder hätten wir vielleicht doch net einkehren sollen? Auf halbem Weg hinab zieht sich nämlich innerhalb von 10min ein Gewitter zusammen und wir können nur froh sein, dass wir uns schon auf dem Talboden ca. 45min vor der ersten Zivilisation befinden. Kurz nachdem es richtig los ging, die Blitze haben schon in 200m Entfernung eingeschlagen, sind wir innerhalb von 5 min komplett nass, die Unterhosen konnte man auswinden, vom Rest der Ausrüstung brauche ich gar nix mehr erzählen, uns ist das Wasser (trotz Regenschutz!) oben beim Rucksack rein und unter wieder rausgelaufen. Nach kurzem Unterstand in einem Holzlager, der mehr wegen der Blitzschlaggefahr aufgesucht wurde, nass war sowieso schon alles, erreichen wir schließlich um 20 Uhr überglücklich unsere Autos. Das Unwetter kurz vor Schluss jedenfalls hat die Tour, abgesehen von all den Eindrücken, die man bei einer solchen Überschreitung sowieso schon mitnimmt, bei allen Teilnehmern endgültig ins Gedächtnis eingebrannt. Und so bleibt nur zu sagen, dass sich diese Unternehmung als Tagestour wieder einmal wirklich gelohnt hat!

Niko Fischer