Fantastische Überschreitung der Nagelfluhkette mit Anlaufschwierigkeiten

Nachdem die Überschreitung der Nagelfluhkette in der Wintersaison 2023/24 – aufgrund von Schneemangel – abgesagt werden musste, war die Hoffnung groß, dass sie in dieser Saison stattfinden kann. Die Tour war ursprünglich für den Samstag, 08.02.2025 geplant. Je näher der Termin rückte, desto unwahrscheinlicher wurde die Durchführung der Tour. Doch dann, ein Wochenende zuvor hatte es leichten Schneefall. Allerdings waren für die kommende Woche warme Temperaturen gemeldet, sodass fast klar war, dass der wenige Neuschnee keine Woche halten wird.
So hat Peter Engstler, unser Tourenguide, kurz entschlossen die Tour auf Dienstag, für den zudem noch non-stop Sonnenschein gemeldet war, vorverlegt.
Welch ein Glück für die Teilnehmer, die kurzfristig frei- und teilnehmen konnten. Aufgrund der Spontanität waren wir sechs bunt zusammen gewürfelte, untereinander unbekannte Teilnehmer, die in den Genuss der wunderschönen Überschreitung der Nagelfluhkette kamen.
Peter hatte, so wie wir ihn kennen, im Vorfeld alles genau ausgelotet, wo wir parken, wann welcher Zug & Bus wohin fährt, wann die Hochgratbahn ihre erste Fahrt auf den Berg startet. Soweit so gut, wir trafen uns um halb 8 am Parkplatz in Immenstadt. Zu Fuß gings mit Skiern auf dem Rücken zum Bahnhof. Schnell das Gruppenticket nach Oberstaufen gekauft und auf den Zug auf Gleis 1 gewartet. Geschafft, alle saßen im Zug. Doch der Zug fuhr in die falsche Richtung, da er abgekoppelt wurde! Als wir bei der nächsten Haltestelle aussteigen wollten, ging die Türe nicht auf, da sie defekt war. So sind wir in Sonthofen gestrandet. Dieser Umstand konnte die Stimmung dennoch nicht trüben, denn die Vorfreude auf die vielversprechende Tour war größer. Aufgrund unserer Gruppengröße und der Skiausrüstung war kein Taxi aufzutreiben. Also gings mit dem nächsten Zug zurück nach Immenstadt – wohlgemerkt ohne Tickets. So wurde innerhalb der Gruppe hitzig diskutiert, wer wann schon mal ‚schwarz‘ gefahren ist. Glück im Unglück, wir wurden von einer Kontrolle verschont, dabei hatten wir schon die besten Ausreden parat gehalten. Der Nächste Zug nach Oberstaufen war – wen wunderts – ausgefallen. So viel zur Deutschen Bahn…
Letztendlich sind wir mit den Autos nach Steibis zur Hochgratbahn gefahren. Doch die Seilbahn stand still. Unter der Woche fährt die Bahn nur alle paar Stunden. Peter konnte mit seiner freundlichen und wohligen Allgäuer Art die Kassiererin und den Betriebsleiter davon überzeugen, dass uns ungemein geholfen wäre, wenn sie uns jetzt auf den Hochgrat befördern würden. Allein die 15minütige Auffahrt in den mehr als 50 Jahre alten Gondeln ist schon ein Highlight an sich. Oben, auf 1.708m, angekommen begrüßte uns bei strahlendem Sonnenschien ein wunderbarer Ausblick, der vom Bodensee und Säntis, in die Oberstdorfer und Kleinwalsertaler Berge bis hin zur Zugspitze reicht.
Nach einem LVS check stiegen wir zu unserem ersten Gipfel, dem Hochgrat mit 1.832m, auf. Die Aussicht Richtung Süden war sehr beeindruckend, unzählige, schneebedeckte Gipfel – hingegen Richtung Norden alles grün war.
Bei der ersten kurzen Abfahrt bekamen wir bereits einen Vorgeschmack auf die zu erwartenden Schneeverhältnisse: es könnte gut werden! Der zweite Gipfel war das Rindalphorn mit 1.821m, hier mussten wir die letzten Meter zu Fuß gehen. Die südöstliche Abfahrt sah nicht sonderlich verlockend aus, sodass Peter seinen ‚Geheimjoker‘ zog und uns anbot, dass wir nordöstlich in einer steilen aber durchaus schneereichen Rinne abfahren könnten, dadurch allerdings ein paar Meter mehr aufsteigen müssten. Das haben wir gerne in Kauf genommen und es hatte sich gelohnt, zumal die Rinne zuvor kaum befahren wurde.
Der dritte Aufstieg führte uns zum Gündleskopf 1.748m. Anschließend stärkten wir uns bei einer kurzen Mittagspause, bevor es weiter Richtung Buralpkopf ging. Nach einer kurzen Abfahrt stiegen wir weiter Richtung Sederer Stuiben mit 1.749m auf. Hier entdeckten wir einen komplett unverspurten Hang. Peter wies uns allerdings darauf hin, dass dies eine ausgewiesene Wildruhezone ist, was wir selbstverständlich respektierten. So folgte eine eher holprige Abfahrt bevor wir ein sechstes Mal, Richtung Stuiben, auffellten. Auf dem sonnenreichen Südhang, bei dem die ersten Teilnehmer in T-Shirts gingen, mussten wir die Skier auch schon bald an den Rucksack schnallen. Am Stuiben angekommen, folgte eine kurze Lagebesprechung. Die weitere Überschreitung zum Steineberg, dem kleinen Bärenköpfle Gipfel zur Gipfelstation der Mittagbahn würden bestimmt noch zwei bis drei Stunden in Anspruch nehmen. Zudem war die Schneelage eher mau, so wäre ein Fortsetzen der Tour wohl eher zu einer Wanderung mit Skitragen geworden. Daher entschieden wir uns, nördlich vom Stuiben Richtung Alpe Gund abzufahren. Zuvor aber genossen wir, bei einer weiteren Brotzeit, die Sonnenstrahlen auf dem Bänkle am Gipfel vom Stuiben.
Wir konnten wider Erwarten relativ weit runterfahren. Mit dem Zug gings, dieses Mal mit gültigem Ticket, nach Oberstaufen. Die beiden Fahrer holten die Autos während wir uns beim ‚City Kebab‘ aufwärmten und anschließend gleich ordentlich verhockt sind. Insgesamt war es für uns alle ein super Naturerlebnis, das wohl besser hätte fast nicht sein können. Zum einen waren wir ganz alleine unterwegs und zum anderen waren die Bedingungen ebenfalls besser als erwartet. Wir waren eine lustige Gruppe, die sehr gut harmoniert hatte – nicht nur zwischenmenschlich, sondern auch konditionstechnisch. Auf der gesamten Tour wurde sehr viel gelacht, obwohl wir uns untereinander vorher nicht kannten. Es hatten sich viele interessante Gespräche ergeben. So lernten wir z. B. viel über das ‚Käsen‘, wobei wir auch in den Genuss einer Käseprobe vom Peitinger Weinland kamen. Die Stimmung war von Anfang bis Ende bestens, was wohl nicht zuletzt auch unserem erfahrenen Guide Peter zu verdanken war. Er hatte stets ein gutes Händchen für rassige Abfahrten, sowohl fachkundige Naturkenntnisse als auch immer einen lockeren Spruch parat. Insgesamt waren wir ca. 7,5 Std. am Weg und hatten 19 km und 1.300 HM zurückgelegt.